20. ordentliche Delegiertenversammlung von XUND: Zukunft fordert Gesundheitsbetriebe und Schulen gleichermassen
Es war ein spannendes und auch erfolgreiches Jahr, auf das Walter Wyrsch, Präsident OdA XUND, gemeinsam mit Tobias Lengen, Geschäftsführer OdA, zurückblicken durfte. Ein grosser Dank gebührte dem Bildungszentrum sowie den Betrieben, die während der Pandemie die Ausbildungstätigkeit nicht nur beibehalten, sondern sogar ausgebaut haben. Auch die Zahlen der Lernenden und Studierenden konnten erneut gesteigert werden – die Auswirkungen der Pandemie wird man nun mittel- und langfristig beobachten müssen, so Lengen. Erfreulich war insbesondere, dass die verschiedenen Aktivitäten im Berufsmarketing wie Schnupperparcours oder die Zebi wieder stattfinden konnten. Besonders stolz ist Walter Wyrsch auf das Zusammenfinden mit der Familie Breisacher. Sie gründeten im vergangenen Jahr die Theo Breisacher Stiftung, mit der sie künftig u. a. den Pflegefachkräften für ihren unverzichtbaren Einsatz zu Gunsten der Gesellschaft in Form von Abschlussprämien im Wert zwischen 400 und 1000 Franken Danke sagen. «Ihr Engagement für das Gemeinwohl ist beeindruckend und motiviert uns zusätzlich, weiterhin Tag für Tag unser Bestes in der Aus- und Weiterbildung von Gesundheitsfachkräften zu geben», so Wyrsch.
Herausforderungen der Zukunft in Angriff nehmen
In den nächsten Jahren wird XUND und die ganze Gesundheitsbranche auf weitere Herausforderungen treffen. In einer breit abgestützten Strategieüberprüfung mit unter anderem Fokusgesprächen mit Branchen- und Betriebsvertretungen stellt XUND die Weichen für die Zukunft. Parallel dazu werden im Projekt Flow3X die Auswirkungen der Entwicklungen in der Gesundheitsbranche sowie in Bildung und Gesellschaft auf die Ausbildung sowie Raum und Infrastruktur geprüft und entsprechende Massnahmen gemeinsam mit der Praxis erarbeitet. Wyrsch vergleicht die Situation anschaulich mit einem Ritt auf einem Tiger: «Wir müssen am Puls bleiben, denn wenn man vom Tiger herunterfällt, wird man gefressen». Dasselbe gilt gemäss Wyrsch auch für die Gesundheitsbetriebe, wenn es darum geht, den künftigen Personalbedarf zu sichern. Themen wie Rekrutierung, Laufbahnperspektiven und Anstellungsbedingungen sind – auch gemäss dem regionalen Versorgungsbericht – unbedingt anzugehen. Damit schlägt Wyrsch die Brücke zur anschliessenden Diskussionsrunde.
Gesundheitspersonal in der Zentralschweiz
Gemeinsam mit den Kantonen und in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) hat die OdA XUND auf der Basis des nationalen Versorgungsberichtes einen regionalen Versorgungsbericht in Auftrag gegeben. Dieser zeigt, dass der Personalbestand in den letzten 10 Jahren deutlich gesteigert werden konnte und in dieser Zeit 70% mehr Pflegefachkräfte ausgebildet wurden. Das ist eine eindrückliche Leistung aller Involvierten, insbesondere der Betriebe. Aber weitere Bemühungen sind unumgänglich. Bis 2029 wird in der Zentralschweiz rund ein Viertel mehr Pflege- und Betreuungspersonal benötigt. Nebst diesem Zusatzbedarf gibt es auch vorzeitige Austritte und Pensionierungen zu ersetzen. Stellt man das insgesamt benötigte Personal dem erwarteten Nachwuchs gegenüber weist die Zentralschweiz einen – im Vergleich mit der gesamten Schweiz leicht besseren – Deckungsgrad von 86% auf der Sekundarstufe II und 78% auf der Tertiärstufe aus. Wie aber lässt sich die Lücke schliessen? Wie geht man mit der Situation um, wenn sie nicht geschlossen werden kann?
Personalerhalt mit richtigen Perspektiven sichern
Franziska Berger, CEO Spital Lachen sowie Vorstandsmitglied OdA XUND, und Hannes Koch, Geschäftsführer der Spitex Kriens, sind sich einig. Man muss sich auch wieder auf das positive und schöne der Pflege- und Betreuungsberufe konzentrieren. Mit dem ständigen Fokus auf die negativen Seiten läuft man Gefahr, potentielles Personal bereits vor der Anstellung oder Ausbildung abzuschrecken. Sabine Felber, Leiterin Bereich Pflege und Betreuung der Betagtenzentren Emmen unterstützt das und ergänzt: «Wir müssen die Weiterentwicklungsmöglichkeiten aktiv aufzeigen und auch ermöglichen. Junge müssen über die Ausbildung hinaus an die Hand genommen werden. Wir müssen die Rahmenbedingungen in den Betrieben anpassen und Talente fördern, um das Personal nach der Ausbildung zu halten.» Auch Beatrice Gross, Generalsekretärin des Kantons Zug und Stiftungsrätin vom Bildungszentrum XUND, ist der Meinung, dass es für die künftigen Herausforderungen eine gute Arbeits- und Teamkultur in den Betrieben und den richtigen Einsatz des Personals braucht. Sie bezieht sich dabei auf die interprofessionelle Zusammenarbeit und den richtigen Skills-/Grade-Mix. Darin sieht auch Berger eine Chance: «Andere Berufsgruppen können die Pflegenden unterstützen, indem sie Aufgaben übernehmen, die sie aufgrund ihrer Ausbildung besser und schneller können. Damit schaffen wir für Pflegende wieder mehr Raum für die Arbeit am Bett.»
Auf die Frage, ob denn die Digitalisierung Pflegende nicht auch entlastet, entgegnet Berger: «Aufgrund der Digitalisierung und der Vorgaben von Kantonen und Krankenkassen muss heute vielmehr dokumentiert werden, jede Handlung und jede Massnahme. Das bringt keine Entlastung.» Koch ergänzt, dass im Rahmen der Digitalisierung auch die Art und Weise der Dokumentation angepasst werden müsste: «Weniger Schreiben, mehr Klicken, mehr Bilder».
Regionale Zusammenarbeit stärker fördern
In einem Punkt sind sich alle einig. Es braucht mehr überbetriebliche Zusammenarbeit und eine übergeordnete bspw. kantonale Koordination. Ein Malus-Bonus-System auf Betriebsebene halten die meisten jedoch langfristig für nicht zielführend. Kleine Betriebe werden abgestraft und grosse zu wenig belohnt. Vielmehr sollte die Qualität der Ausbildungen im Vordergrund stehen und nicht nur Quantität. Gäbe es ein solches System auf Kantonsebene mit entsprechender Koordination zwischen allen Betrieben, könnten sich die Betriebe gegenseitig unterstützen und aushelfen, um die Ziele zu erreichen – branchen-, betriebs- und gemeindeunabhängig, ganz im Sinne einer funktionierenden Gesundheitsversorgung über alle Versorgungsbereiche hinweg.