Drei Pflegefachkräfte über ihren Beruf: «Die aktuelle Situation hat mir nochmals gezeigt, wie wichtig mein Beruf ist»
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat das Jahr 2020 zum Jahr der Pflegefachpersonen und Hebammen ausgerufen. Anlass dafür ist der 200. Geburtstag von Florence Nightingale, der Begründerin der modernen westlichen Krankenpflege. Weltweit werden während eines Jahres auf die Leistungen der Pflegefachkräfte aufmerksam gemacht. Jährlich wird zudem am Tag der Pflege vom 12. Mai, am Geburtstag von Nightingale, auf die wachsende Bedeutung der Pflegeberufe hingewiesen.
Der Pflegeberuf ist ein Beruf aus Leidenschaft, der zudem mit viel Verantwortung verbunden ist. Immer wieder ist der Alltag von Pflegefachkräften mit neuen Herausforderungen verbunden – insbesondere in Zeiten von Grippe oder der Corona-Pandemie. Aber auch ohne Pandemie engagieren sich Pflegefachkräfte tagtäglich zum Wohle von Bewohnerinnen und Bewohnern, Patienten sowie Klienten. Gleichzeitig steigen die Anforderungen und die Komplexität in der pflegerischen, medizinaltechnischen und betreuerischen Versorgung.
Wer könnte besser darüber berichten, wie es Pflegefachkräften dabei geht und was sie jeden Tag aufs Neue motiviert, diese Arbeit auszuüben, als sie selber. Stellvertretend für alle Fachkräfte in der Pflege haben wir drei nach ihrer Erfahrung, ihrer Motivation und Überzeugung gefragt.
Wie haben Sie die Corona-Krise erlebt – persönlich, im Beruf?
Nicole Hess, Studierende Pflegefachfrau HF, Spitex Nidwalden: Zu Beginn war ich aufgrund des Fernstudiums viel zu Hause. Nach drei Wochen startete dann der nächste Praktikumsblock. Ich war froh, wieder arbeiten gehen zu können. Ich arbeite bei der Spitex, habe aber während dieser Zeit ein Austauschpraktikum im Spital gemacht. Diese spannende und aussergewöhnliche Zeit habe ich sehr positiv erlebt, alles lief sehr geordnet und souverän ab.
Gabriela Huber, Ausbildungsverantwortliche Pflege und dipl. Pflegefachfrau HF, Viva Luzern Rosenberg: Zu Beginn war für mich die Krise nicht fassbar, eine Situation, die wir nicht kennen. Aber wir haben dann die Vorgaben des Bundes umgesetzt. Am stärksten zu spüren war das Besuchsverbot. Der Betreuungsaufwand und die Begleitung der Bewohnenden war entsprechend grösser. Es wurden alternative Kommunikationsmöglichkeiten eingeführt (Skype-Telefonie) und das Aktivierungsprogramm ausgebaut. Die Herausforderung bestand persönlich und beruflich darin, mit den neuen Informationen umzugehen, sein Handeln entsprechend anzupassen und allen und sich selber «gerecht» zu werden.
Kilian Schmid, Fachmann Gesundheit, Hirslanden Klinik St. Anna, Luzern: Ich war froh, dass ich arbeiten gehen und etwas bewirken konnte. Es war aber herausfordernd, die Patienten korrekt zu informieren und ihnen zu helfen zu verstehen, wieso keine Besuche mehr erlaubt waren. Die Stimmung im Team war immer sehr positiv, das erleichtert den Arbeitsalltag auch in schwierigeren Zeiten.
Hat Sie das in Ihrer Überzeugung, eine Pflegefachperson zu sein/werden zu wollen, gestärkt?
Nicole Hess: Ja sehr, es hat mich stolz gemacht, was wir in unserem Beruf leisten und auch erreichen können. Es hat sich viel Zusammenhalt und Disziplin gezeigt. Es ist schön, dass man etwas bewirken kann.
Kilian Schmid: Ich war schon vorher überzeugt davon, in der Pflege zu arbeiten. Aber es hat mir noch einmal gezeigt, wie wichtig mein Beruf ist.
Was motiviert Sie, täglich Ihren anspruchsvollen Beruf auszuüben?
Gabriela Huber: Die Pflege ist komplex, kompetent und kreativ. Für mich bedeutet dies, in Komplexen Situationen kompetent und kreativ zu handeln. Die täglich wechselnden Situationen motivieren mich zusätzlich, den Beruf auszuüben. Weiter schätze ich auch die Verantwortung, welche ich im Team und den Bewohnenden gegenüber habe und wahrnehmen darf.
Nicole Hess: Mich motiviert die Arbeit mit Menschen und der Kontakt, spannende Situationen zu erleben sowie die Dankbarkeit und Wertschätzung seitens der Klienten. Es wird nicht langweilig in diesem Beruf, jeder Tag ist immer individuell.
Kilian Schmid: Meine Motivation ist das Lachen der Patienten. Für mich ist es ein guter Tag, wenn ich meinen Patienten, Angehörigen sowie auch meinen Kollegen aus dem Team ein Lachen auf die Lippen zaubern kann. Weiter freue ich mich jeden einzelnen Tag mit meinem Team zusammen zu arbeiten, weil wir einander voll und ganz vertrauen können.
Wo sehen sie die Herausforderungen in Ihrem Beruf heute und in Zukunft?
Gabriela Huber: Ich sehe die Herausforderung in zwei Bereichen: 1. Der Fachkräftemangel der bereits alltäglich präsent ist. Nicht nur die Corona-Krise zeigt uns jeden Tag, dass wir auf die Fachkräfte angewiesen sind. Auch in «normalen» Zeiten gibt es immer wieder Spitzen. Wir müssen unsere Leistung täglich zu 100% leisten. 2. Die zunehmende Komplexität in den pflegerischen, medizinaltechnischen und betreuerischen Versorgung. Das Berufsbild der Pflege hat sich in den letzten Jahrzenten sehr verändert.
Nicole Hess: Durch die gesellschaftliche Entwicklung kommt es zur steigenden Individualisierung und Selbstbestimmung der Klienten. Durch die steigende Lebenserwartung gibt es auch immer mehr multimorbide Klienten, welche sich als komplexe Pflegesituationen darstellen. Es werden immer höhere Erwartungen an die Flexibilität der Spitex gestellt. Zudem nimmt das Bedürfnis, zu Hause gepflegt zu werden, immer mehr an Bedeutung zu. Das heisst, dass immer mehr pflegebedürftige Menschen die Spitex bean-spruchen.
Kilian Schmid: Die grösste Herausforderung sehe ich darin, dass die Menschen immer älter werden und schwerer Krankheitsverläufe haben. Zudem denke ich steigen die Ansprüche der Patienten und gleichzeitig auch die Multimorbidität.
Internationales Jahr der Pflege und Hebammen sowie Tag der Pflege
Anlässlich des 200. Geburtstags von Florence Nightingale, der Begründerin der modernen westlichen Krankenpflege, wurde das Jahr 2020 zum Internationalen Jahr der Pflege und Hebammen erklärt. Weltweit wird während eines Jahres auf die Leistungen der Pflegefachpersonen aufmerksam gemacht. Jährlich wird zudem am Tag der Pflege vom 12. Mai, am Geburtstag von Nightingale, den Pflegefachpersonen danke gesagt und auf die Bedeutung der Pflegeberufe hingewiesen.
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